Erich Rahn

Biografie Erich Rahn

Erich Rahn, 10. Dan Jiu-Jitsu ( (01.05.1885 – 05.07.1973)
Pionier des Jiu-Jitsu – und Judo-Sports in Deutschland

Erich Rahn stammte aus einer angesehenen Berliner Kaufmannsfamilie. Die Beziehungen seines Vaters reichten bis nach China und Japan und in seinem Hause verkehrte der kaiserlich-japanische Botschafter. Bei dessen Besuchen spielte der junge Erich mit den Söhnen des Botschafters. Die japanischen Kinder waren zwar im gleichen Alter, aber viel kleinerer Statur. Dennoch waren sie Erich Rahn bei gelegentlichen freundschaftlichen Raufereien immer überlegen. Viel später erst erfuhr er, dass die jungen Japaner damals schon Techniken der Kampfsportart Jiu-Jitsu anwandten. Ab diesem Zeitpunkt war er fest entschlossen, Jiu-Jitsu selbst zu lernen.

Jahre später sah er im Zirkus Schumann am Schiffbauerdamm in Berlin den japanischen Kämpfer Katsukuma Higashi, wie dieser in Sekundenschnelle einen größeren und scheinbar stärkeren Mann durch Jiu-Jitsu zu Boden zwang. Rahns Begeisterung steigerte sich derart, dass er Higashi überredete, ihm Unterricht in Jiu-Jitsu zu geben.

Erich Rahn plante und betrieb die Verbreitung des Sports ab diesem Zeitpunkt mit sehr großem Eifer und Engagement. Es war der Beginn der Geschichte des Jiu-Jitsu- und Judo-Sports in Deutschland.

Der 21-jährige Erich Rahn – nunmehr Meister im Jiu-Jitsu – entschloss sich im Jahre 1906, in einem Hinterzimmer einer Kneipe in Berlin-Mitte (Niederwallstraße am Spittelmarkt) den ersten Unterricht in Jiu-Jitsu zu geben. Damals noch mit wenig Erfolg, da das japanische Jiu-Jitsu seiner Meinung nach noch nicht perfektioniert war. Er baute diverse Techniken aus anderen Kampfsportarten ein, um das Jiu-Jitsu auf die europäische Kultur und Statur der Europäer abzustimmen.

Die Berliner Polizei wurde schließlich durch Vorführungen und Kämpfe auf ihn aufmerksam (1910). Es knüpften sich außerdem Verbindungen zum Militär. Dies bedeutete für ihn den Durchbruch, da er in beiden Bereichen Unterricht in Jiu-Jitsu erteilen konnte. Der 1. Weltkrieg sorgte für eine Unterbrechung seiner Lehrtätigkeit.

In den Jahren nach dem 1. Weltkrieg trat Erich Rahn gegen Ringer und namhafte Boxer an und absolvierte eine „Promotion-Tour“ . Im Jahre 1921 eröffnete er eine Schule in Berlin-Schöneberg. Diese Schule in der Hauptstraße 5 konnte er bis zum Bombardement der Stadt im 2. Weltkrieg im Jahre 1944 fortführen.

Nach Kriegsende war es nicht einfach, seine Kampfsportschule wieder zu eröffnen: Die Besatzungsmächte erlaubten keinerlei Kampfsport. Die Engländer ließen als erste zu, dass Erich Rahn bei den Westalliierten Jiu-Jitsu lehrte. Im Jahre 1950 konnte Erich Rahn im Alter von nunmehr 65 Jahren endlich seine Schule wieder eröffnen – erneut in Berlin-Schöneberg in der Hauptstraße 109.

Zu diesem Zeitpunkt war schon ein Schüler in die Schule eingetreten, der später Erich Rahns Nachfolge antreten sollte: Ditmar Gdanietz, späterer Ehrenvorsitzender des „Deutschen Jiu-Jitsu Ring Erich Rahn e.V.“, trat 1957 der Schule Rahn bei und gehörte zu den eifrigsten Schülern und bald auch zu den Trainern. Zu dieser Zeit ging Erich Rahn bereits am Stock, da die unzähligen Kämpfe seine Knie in Mitleidenschaft gezogen hatten. Im Jahre 1966 wurde Ditmar Gdanietz zum Cheftrainer des DJJR ernannt.

Am 1. Mai 1972, seinem 87. Geburtstag, übergab Erich Rahn seinem ebenbürtigen Nachfolger Ditmar Gdanietz die Schule. Gut ein Jahr später verstarb er schließlich nach kurzer, schwerer Krankheit. Ditmar Gdanietz († 26.05.2008) führte die „Kampfsportschule Rahn“ in Berlin bis zum Ende des Jahres 2006. Heute wird die Schule von Thorsten Preiß und Alexander Bork weiter geleitet.