Kobudo-, Kickbox- und Selbstverteidigungslehrgang in Weichs

Wenn dein Gegner zuschlagen will: Lass ihn das tun! Lass ihn schlagen und dann… gewinne!
(Yagyu Munenori, japanischer Samurai, Schwertmeister und Autor (1571 – 1646))

Zwei zentrale Prinzipien des Kampfsportes sind in diesem Zitat vereint: Die erste Aggression geht vom Gegner, nie von einem selbst aus und die Angriffsenergie des Gegners kann für die eigene Verteidigung und den möglichen Sieg genutzt werden.

Im Kobudo-, Kickbox- und Selbstverteidigungslehrgang in Weichs waren diese beiden Gesichtspunkte am 16.06.2018 während der drei thematischen Trainingseinheiten immer präsent.

Harald Weitmann (9. Dan Okinawa-Karate, 6. Dan Kobudo) führte die Teilnehmer in ausgewählte Aspekte des Kobudo ein, indem er nach einigen Lockerungsübungen zunächst den korrekten Umgang mit dem Eskrima – dem kurzen Stock, der u.a. im Arnis verwendet wird – erläuterte. Dabei standen die richtige Handhabung sowie mehrere Wirbeltechniken, z.T. in kombinierten Abfolgen, im Vordergrund. Anschließend erarbeitete die paarweise eingeteilte Gruppe kurze Angriffs- und Abwehrsequenzen, bei denen beide Partner jeweils ein Eskrima benutzten. Im dritten Abschnitt der Kobudo-Einheit ergänzte Harald Weitmann die Eskrima um das Tonfa, dessen Einsatz ebenfalls zuerst einzeln und dann mit dem Partner eingeübt wurde. Als Abschluss dieses Themenbereichs gingen die Teilnehmer in lockere Freikämpfe über, wobei jeder einen Eskrima und ein Tonfa verwendete.

Bereits hier konnten die Dynamik zwischen Angriff und Abwehr, aber auch die komplexen Koordinationsvorgänge im Umgang mit zwei unterschiedlichen Waffen erprobt werden.

Im anschließenden Training der realen Selbstverteidigung, das Lothar Sieber (10. Dan Jiu-Jitsu, 10. Dan Zen-Do-Karate) referierte, kam dem Nutzen der Angriffsenergie des Gegners sowie dem Umwandeln dieser in effektive Kontermöglichkeiten ebenfalls eine essentielle Bedeutung zu. Im Zuge verschiedener Angriffe – Packen am Kragen von vorne mit impliziertem Kopfstoß, Packen von hinten, Umklammern der Körpermitte und Messerangriffe – wurde schnell deutlich, dass zwar als erste Reaktion ein entschlossener Block durchgeführt wird, in seiner Folge jedoch ein fließender Übergang in einen Gegenkonter mit abschließender Technik erfolgen sollte, um den Kampf zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen und bestenfalls für sich zu entscheiden. Sowohl die Block-Techniken als auch die Übergänge in und die richtige Durchführung des Konters – beispielsweise in eine eigene Würgetechnik oder Aktion und Befreiung aus der Umklammerung – wurden intensiv von den Teilnehmern durchgeführt und durch theoretische Erläuterungen und praktische Erfahrungen von Lothar Sieber ergänzt.

Auch in der folgenden dritten thematischen Lehrgangseinheit blieb der Selbstverteidigungsaspekt erhalten, allerdings in einem Gebiet das Kampfsportes, das man auf den ersten Blick eher weniger damit in Verbindung bringt – dem Kickboxen. Tatsächlich eignen sich jedoch auch viele der dort üblichen Kampfsequenzen sehr gut für eine reale Selbstverteidigung, was Heiko Hofmann (6. Dan Okinawa Karate, 5. MG Kickboxen) in seinem Programm verdeutlichte. Faust- / Box-Techniken in Kombination mit Fußkicks haben bei einer entsprechenden Durchführung ein großes Abwehr und Konterpotenzial, das sich auch sehr gut im konkreten Verteidigungsfall einsetzen lässt. Wichtig sind dabei einerseits das taktische Vorgehen – ein Kick zum Kopf ist zwar visuell eindrucksvoll, eignet sich für die SV aber häufig nicht, zumal bei normaler Kleidung – andererseits aber auch ein gewisses Maß an Abhärtung der Fäuste, Ar-me und Beine, um die gegnerischen Techniken kontern zu können. Entsprechend erprobten die Teilnehmer ausgewählte Aktions-Abfolgen unter Einbeziehung des Abhärtungsvorganges in diesem abschließenden Trainingsintervall.

Gegen 17:15 Uhr endete schließlich ein sehr abwechslungsreicher und kurzweiliger Lehr-gang, der gekonnt Wissen vermittelte und Chancen für eine erfolgreiche Selbstverteidigung aufzeigte.
Vielen Dank an alle Referenten und Assistenten sowie Organisatoren und die fleißigen Kuchenbacker, die uns die Pause im wahrsten Sinne des Wortes „versüßt“ haben.

Dr. Nicola Ettlin